Konsensworkshop

Das hier sind Notizen und Diskussionsfragen, die wir nutzen, um die Durchführung eines Workshops und Diskussionen über Kommunikation und Sex zu erleichtern. Gewöhnlich machen wir 15 Minuten lang eine Einleitung, um Leuten ein Gefühl davon zu vermitteln, was wir ansprechen möchten und einige Leitlinien für die Diskussion vorzustellen. Dann führen wir ein Puppentheater auf, um Leute zum Nachdenken zu bringen, darüber, was Kommunikation rund um Konsens (sexuell übertragbare Krankheiten mit inbegriffen) bedeutet – wann gut kommuniziert wurde, wann überhaupt nicht, oder wie Kommunikation besser gestaltet werden könnte. Es ist eine humorvolle Art und Weise, Aspekte von Konsens zur Sprache zu bringen, über die es schwierig sein kann zu reden: Rauschzustände, Gender, One-Night-Stands versus längerfristige Beziehungen… Dann kommt eine Gruppendiskussion. Unten sind einige Fragen, die wir während der Diskussion aufwerfen. Das ist keine unveränderliche Liste – wir versuchen nicht alles anzusprechen, was dort aufgeführt ist. Sie ist nützlich als Leitfaden für das Gespräch und um Fragen zu haben, die zum Diskutieren anregen. Wir machen das etwa eine halbe Stunde lang und teilen uns dann in Kleingruppen auf, um in tiefere Diskussionen einzusteigen, an denen außerdem mehr Leute teilnehmen können. Wir ermutigen Leute, darüber zu sprechen und sich praktische Schritte zu überlegen, wie wir unsere Kommunikation bezüglich Konsens in unserem eigenen Leben verbessern können. Dann kommen wir wieder alle zusammen und teilen unsere Ideen aus den Kleingrupen miteinander und betrachten die Definitionen von Konsens, die sich daraus entwickeln. Willst du das Drehbuch für das Puppentheater haben oder mehr über den Workshop sprechen? Schreib uns eine Mail an: downtherehealth at mutualaid.org (Hinweis: Adresse ist nicht mehr aktuell)

Passt auf euch auf, Down There Health Collective

KONSENS – Sex und Kommunikation

Wenn Leute reinkommen, bittet sie, ihre persönliche Definition von Konsens aufzuschreiben und diese Definition während des Workshops zu ergänzen, sobald ihnen neue Gedanken und Ideen in den Sinn kommen.

I. EINLEITUNG ÜBER DAS KOLLEKTIV UND UNSERE ZIELE FÜR DEN WORKSHOP (10 Min.)

INTRO:

  •  Vorstellung des Kollektivs

  •  Das Zine◀ “See no hear no speak no” (dt. Übersetzung: nein sehen, nein hören, nein sagen) hat unser Interesse und interne Diskussionen über Konsens entfacht

  • Persönliche Geschichten oder Ziele teilen, warum uns dieser Workshop interessiert

ÜBERBLICK ÜBER DEN WORKSHOP / PROGRAMM

Konsens und Kommunikation an sich könnten schon wochenlange Workshops sein. Moderator_innen werden die Diskussionen begleiten und anregen, sodass wir eine Vielfalt an Themen anschneiden können.

ZIELE:

  • Konsens neu definieren – um unsere Vorstellungen zu hinterfragen und zu erweitern. Definieren, was Konsens für jede_n von uns bedeutet.

  • Die Gesellschaft hin zu einer verändern, die auf Einvernehmlichkeit statt auf Zwang aufbaut; das gilt auch für andere Aspekte des Lebens.

  • Euch (und uns) mit Beispielen versorgen, wie wir aktiver sichere, konsensuelle Räume entwickeln können. Mit Schwerpunkt auf Kommunizieren, offen und ehrlich sein, entschieden sein. (Es wird weniger um Übergriffe gehen.)

  • Wir möchten Dynamiken/Faktoren diskutieren, die uns dabei beeinflussen könnten, wie wir Zustimmung geben oder Zustimmung erhalten. Alter, Macht, Beziehungen usw.

  • Muster in unseren eigenen Beziehungen ehrlich betrachten

  • Dein Sexleben verbessern! Wir denken, dass Konsens heiß und befreiend sein kann.

  • Eine offene Plattform für ein Gespräch schaffen, mit dem es allen gut geht. Gedanken und weitere Diskussionen anstoßen. Meist gibt es keine richtigen oder falschen Antworten. Es wird viele offene und unbeantwortete Fragen geben.

UNTERSTÜTZENDE PERSON SAGT:

  • Dieser Workshop ist spannend, weil er eine Möglichkeit bietet, sich mit Ideen auseinanderzusetzen, sich Dinge so vorzustellen, wie wir sie haben wollen, und Idealvorstellungen vorzuschlagen.

  • Diskussionen können belastende Erinnerungen oder Gefühle bei denjenigen triggern◀, die Übergriffe oder Gewalt erfahren haben.

  • Und möglicherweise bei allen von uns, weil wir nicht in einer Konsens-Kultur leben und deshalb negative Erfahrungen mit Grenzüberschreitungen gemacht haben können, an die wir nicht unbedingt konkret denken.

  • Bitte stelle sicher, dass du darauf achtest, wie es dir geht und dir über deinen Gemütszustand bewusst bist. Nur weil diese Diskussion jetzt stattfindet, heißt das nicht, dass du jetzt mit diesen Dingen umgehen musst.

  • Fühl dich frei, jederzeit zu gehen, wenn du etwas Wasser trinken oder ins Bad gehen möchtest, und komm zurück oder auch nicht, es ist okay. Nimm eine_n Freund_in mit, wenn du möchtest. Und bitte achte auch auf deine Freund_innen und frag nach, wie sie sich fühlen.

  • Ich werde an der Tür sitzen und da sein, falls ihr während oder nach dem Workshop mit einer Person in privaterem Rahmen reden möchtet. Ich werde alle, die gehen, ansprechen und es ist voll okay einfach vorbeizugehen, aber ihr könnt mich auch in Anspruch nehmen, wenn ihr möchtet.

(Liste mit Materialien zu sexualisierten Übergriffen/häuslicher Gewalt verteilen)

VEREINBARUNGEN:

  •  Wir haben eine Vielfalt an Gendern◀, Körpern, Sexualitäten und Erfahrungen im Raum – wir werden versuchen, die Diskussion so zu gestalten, dass alle bestmöglich einbezogen werden und teilhaben können. Und wir werden versuchen, genderneutrale Pronomen◀ für Teilnehmende und Partner*innen zu verwenden. Auch verwenden wir den Begriff Sex in dieser Diskussion sehr weit, um alle Arten davon, was miteinander zu haben, einzuschließen (“versaut” reden, knutschen, kuscheln, rummachen, es tun … etc).

  •  Es gibt (höchstwahrscheinlich) Überlebende von sexualisierter Gewalt im Raum und diese Präsentation kann möglicherweise triggernd für einige Leute sein – wir haben eine Person zur Unterstützung da und wir werden auf unsere emotionalen Zustände und die der anderen achtgeben.

  • Die Allermeisten von uns sind durch diese Kultur geprägt worden, angefangen bei Körperangelegenheiten, auferlegten Schönheitsnormen, Sexismus und Frauen*feindlichkeit, Heterosexismus◀, bis hin zu religiöser/sexueller Moral, etc. Ein Ergebnis davon ist, dass es sehr schwierig sein kann, offen über Sex zu sprechen. Lasst uns in diesem Raum die einvernehmlichen sexuellen Verhaltensweisen oder Interessen voneinander nicht beurteilen. (Wir werden versuchen, das Reden durch Groß- und Kleingruppendiskussionen sowie durch offene Fragen leichter zu machen.)

  • wenn du üblicherweise viel sprichst, nimm dich zurück, um anderen Raum zu geben. Wenn du gewöhnlich nicht viel sprichst, komm hervor und versuche es.

  • Nenne während oder nach dem Workshop keine Namen oder Infos, die konkreten Personen zugeordnet werden könnten (aber bitte sprich hinterher über den Workshop)

  • Sprich von deinen eigenen Erfahrungen

  • Bitte thematisiere das, was gesagt wurde, nicht die Person, die es gesagt hat.

Wir wissen, dass es schwierig sein kann, sich diesem Thema offen und ehrlich zu nähern, besonders unter Fremden. Deswegen werden wir uns euch gegenüber öffnen und ein bisschen albern und lächerlich sein und hoffen, ihr werdet euch auch uns gegenüber öffnen.

An dieser Stelle führen wir das Puppentheater auf. Schreib eine Mail an Down There, wenn du das Drehbuch möchtest.

[Anmerkung der Übersetzer*innen: Die Gruppe existiert nicht mehr, aber das Drehbuch findet ihr auf www.konsenslernen.noblogs.org]

  • Denke über die Faktoren, Dynamiken und Zusammenhänge nach, die eine Rolle dabei spielen, wie die Charaktere zustimmen und Zustimmung erhalten; positive / negative Beispiele von Konsens; einige von den unausgesprochenen Thematiken, die mitschwingen; einige Faktoren, die einem wirklichen, ehrlichen Konsens in den Weg kommen können usw…

II. DISKUSSION IN DER GROSSEN GRUPPE (etwa 30 Min)

Faktoren, die eine Rolle dabei spielen, wie wir Zustimmung geben/erhalten und verstehen

PUPPENTHEATER – Diskutiert die Themen, über die wir euch vorhin gebeten haben, nachzudenken.

GRENZEN ERKENNEN – DEINE EIGENEN UND DIE VON ANDEREN

  • Wie gibst du dir selbst und Anderen den Raum um herauszufinden, was du willst/was sie wollen?

  • Weißt du, was du willst? Wie findest du das für dich heraus?

  • Wie kommunizierst du, was du willst oder nicht willst?

  • Bist du dir schonmal unsicher gewesen? Was hast du gemacht?

  • Wie gibst du Partner_innen Raum, um zu kommunizieren, was sie wollen?

 

  • Woher weißt du, dass eine andere Person zustimmt?

– Woher weißt du, dass eine Person geküsst werden möchte oder dich küssen möchte?

– Wie kannst du sicher sein, dass sie ganz bei der Sache ist?

– Dass sie begeistert davon ist, das zu machen, was sie macht?

– Bedenkst du, dass es kulturelle Unterschiede geben könnte?

 

  • Wie kommunizieren Leute ihre Grenzen?

– Hast du Passivität oder Schweigen schonmal für Zustimmung gehalten? Welche Faktoren haben dabei eine Rolle gespielt?

– Findest du, es liegt in der Verantwortung der anderen Person, etwas zu sagen, wenn sie das, was du machst, nicht mag?

– Wie oft fragst du nach, während die Dinge sich entwickeln?

– Auf welche Signale achtest du? auf verbale◀? auf andere Signale?

– wann findest du es okay, miteinander über nonverbale Zeichen zu kommunizieren? wann nicht?

Beachte: Eine weit verbreitete Annahme ist, Schweigen bedeute Zustimmung und erst verbale Signale seien Ablehnung.

– Sind die Signale, die du sendest, klar? Passen deine Worte zu deiner Körpersprache? (bspw. sagst du Nein, während du dich weiter bewegst?); Übereinstimmung von Worten und Taten? Wie sprichst du es an, wenn die Worte und Körpersprache einer anderen Person nicht zusammenpassen? (z.B. Ja sagen aber sich wegbewegen oder „nicht reagieren“)

– Wie reagierst du, wenn eine Person ausdrückt, dass sie nicht einverstanden ist?

 

  • Zustimmung in längerfristigen Beziehungen vs. One-night-stands?

– Welche Annahmen hast du, sobald eine Person einmal zugestimmt hat?

– Hast du schonmal Annahmen über Zustimmung bei längerfristigen Partner_innen gehabt?

– Wie beeinflussen verschiedene Arten von Beziehungen, wie und wann wir über Zustimmung sprechen? (vorher/in dem Moment)

 

  • Wie kannst du über sexuell übertragbare Krankheiten kommunizieren?

–  Wann könnte eine guter Zeitpunkt sein, um das anzusprechen?

–  Was ist geschützter(er)/Safe(r) Sex für dich?

–  Wie kannst du deinen Partner_innen dabei helfen, dass sie sich wohler fühlen, darüber zu reden/es dir gegenüber anzusprechen?

–  Wie beeinflussen deine Gefühle für eine Person, deine Annahmen über sie, oder eure Art von Beziehung, wie du über sexuell übertragbare Krankheiten sprichst?

 

MACHT UND PRIVILEGIEN

  • Welche Machtdynamiken könnten bei Kommunikation und Konsens mit reinspielen? (Privilegien, Gender, sexuelle Vorlieben, Größe, Rassismus, Alter, Klasse, Organisationsstrukturen, sexuelle Vorgeschichten)

  • Wie sprichst du unterschiedliche Vorgeschichten oder ungleiche Machtdynamiken an?

  • Wie erkennst du die Erfahrungen der Person, mit der du zusammen bist, an, wenn sie anders sind als deine?

  • Wie bringst du Unterschiede zur Sprache und kommunizierst darüber?

  • Wie können wir über sexualisierte Gewalt in der Vergangenheit reden?

  • Wie können wir das zur Sprache bringen? Wann?

  • Was, wenn in unserer Lebensgeschichte sexualisierte Gewalt alltäglich war/ist?

  • Wie wirkt sich Rausch auf zustimmen / nachfragen aus?

  • Wie reagierst du, wenn eine Person ihr Nichteinverstandensein ausdrückt?

  • Kann es in deinem sozialen Umfeld passieren, dass eine Person, die ihr Nichteinverstanden sein ausdrückt, als uncool oder unemanzipiert angesehen wird?

  • Inwiefern stehen Sexualität und Ausdruck von Gender in Beziehung zu Konsens, Annahmen, Wahrnehmungen?

III. KLEINGRUPPEN – PRAKTISCHES “WERKZEUG” (15 MIN)

* Erinnert die Leute daran, sich selbst vorzustellen, wenn sie zum ersten mal in Gruppen kommen. Macht deutlich – wir möchten, dass die Gruppen mit Ideen und spezifischen Beispielen wiederkommen und sie teilen, sodass Wissen, Formulierungen etc. von allen mit nach Hause genommen werden können. Macht Rollenspiele, wenn Zeit ist/es sich angenehm anfühlt. Lasst jede Gruppe mit einem anderen Fragenblock anfangen und zur nächsten Gruppe übergehen, wenn sie fertig sind.

Ja und Nein ausdrücken und wahrnehmen

1. Auf welchen Wegen kann ein “Ja” kommuniziert werden? Wie drückst du (persönlich) Zustimmung aus? Auf welche Signale (verbal und non-verbal) achtest du, um herauszufinden, ob eine Person zustimmt?

2. Was sind Möglichkeiten, um “Nein” auszudrücken? Wie hast du (persönlich) dein Nicht-einverstanden-sein schon ausgedrückt? Auf welche Signale achtest du (verbal und nonverbal), um zu erkennen, dass eine Person nicht einverstanden ist?

Mit Partner_innen übers Zustimmungskonzept sprechen

– Wann sprichst du es an?

– Inwiefern ist das mit einer_m längerfristigen Partner_in anders als mit einem One-Night-Stand?

– Ideen, um Kommunikation in Bezug auf Konsens zu verbessern?

– Was kannst du tun, wenn du oder dein_e Partner_in nicht sicher seid, was ihr im Moment gerade wollt?

Einvernehmlichkeit heiß machen

– was ist heiß an Einvernehmlichkeit?

– Wie können wir klaren Konsens Teil davon werden lassen, “es zu tun” und es spaßig und erotisch zu machen? (Übe z.B. bei Massagen oder Rollenspielen, Konsens verbal auszumachen)

Kommunikation über sexuell übertragbare Krankheiten

– Wie kannst du Geschlechtskrankheiten und deine Gefühle bezüglich geschütztem Sex zur Sprache bringen?

– wann kannst du das ansprechen?

– was heißt geschützter(er)/Safe(r) Sex für dich?

– Wie kannst du deinen Partner_innnen dabei helfen, sich wohler dabei zu fühlen, drüber zu reden/es dir gegenüber anzusprechen?

– Inwiefern beeinflussen deine Gefühle für eine Person, deine Annahmen über sie, oder eure Art von Beziehung, wie du über sexuell übertragbare Krankheiten sprichst?

IV. KONSENS (NEU) DEFINIEREN UND SCHLUSS (20 Min)

ZURÜCKKOMMEN UND BERICHTEN

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DEFINITION VON KONSENS

– Was sind einige Schlüsselgedanken/Sätze/Worte für ein „ganzheitliches“ „Ja! Ja! Ja!“ (das die Möglichkeit eines Neins beinhaltet)?

– Was könnten einige Schlüsselelemente sein, die bei einer radikalen Definition von Konsens mit bedacht werden sollten?

– In welcher Beziehung stehen Macht und Privilegien zu unseren Möglichkeiten, Zustimmung zu geben, zu erhalten und zu verstehen? Inwieweit haben die Themen dieses Workshopteils in deiner Definition von Konsens eine Rolle gespielt?

– Hat sich deine Definition durch den Workshop verändert?

 

ABSCHLIESSENDE WORTE

– wir hoffen, wir haben neue Fragen aufgeworfen.

– Es ist ein andauernder Prozess, unsere Wünsche und Grenzen zu verstehen und darüber mit anderen zu kommunizieren.

– Wir hoffen, wir haben euch ermutigt in euren Gemeinschaften darüber zu sprechen, ermutigt, Hürden zu überwinden, um offen über Konsens zu reden. Kommunikation zu verbessern ist für unsere Beziehungen genauso wichtig wie Verständnis und kann uns vor Problemen bewahren.

myspace.com/Downtherehealth