Es war mir nie möglich, einen Weg zu finden, um auf eine angenehme Art und Weise über Konsens zu sprechen.
Ich denke, ich bin ziemlich gut darin, andere zu fragen – aber einen Weg zu finden, um deutlich zu machen, ob ich selbst etwas machen möchte oder nicht, ist mir nahezu unmöglich. Ich meine, wenn ich etwas machen möchte, ist es meist in Ordnung, aber wenn ich etwas nicht möchte, oder vor allem, wenn ich unsicher bin, ist es unmöglich. Wenn eine Person fragt: “Ist das okay?”, dann sage ich immer “Ja”. Alles ist “okay”, ich meine, ich kann alles überleben, oder?
Deshalb funktionieren auch die besten Absichten meist nicht für mich, und allein schon die Worte “Magst du das?” oder “Möchtest du, dass ich das mache?” triggern◀ mich, und selbst wenn sie mich nicht gerade triggern, führen sie dazu, dass ich an mir selbst zweifle: “Oh, ich dachte, ich möchte das, aber möchte ich es wirklich? Was, wenn ich es nicht möchte? Scheiße. Wie kann ich mir sicher sein?”
Wenn Leute mich also nach Zustimmung fragen, verdirbt es mir für gewöhnlich nicht nur die Stimmung, die ich so sehr versuche aufrecht zu erhalten, sondern es triggert mich auch. Dann muss ich versuchen herauszufinden, ob ich es schaffe oder nicht, aus dem Trigger herauszukommen, nicht so viel nachzudenken und wieder dahin zurückzukommen, mich einfach gut zu fühlen.
Und wenn die andere Person dann bemerkt, dass ich zusammenzucke oder mich eine Sekunde lang zurückziehe und dann aufhört und drüber reden will, dann ist es einfach vorbei, und vielleicht will ich nicht, dass es vorbei ist. Ich möchte einfach selbst in der Lage sein können, damit fertig zu werden und zu vergessen.
Also wusste ich nie, was ich tun soll. Es gibt ein paar Dinge, die geklappt haben – zum Beispiel vorher drüber sprechen, was ich brauche, zum Beispiel nach dem Sex umarmt zu werden. Und den Leuten zu sagen, dass sie mich nicht Dinge wie “Wie war es für dich?” fragen sollen. Es gibt einfach zu viele Wörter und Sätze, die mich triggern. Aber ich liebe Sex, und ich möchte Sex haben können. Ich möchte nach Zustimmung gefragt werden können und Zustimmung geben können. Wenn Leute es nichtmal versuchen, ist das auch frustrierend.
Also: Vorher reden, und auch Wege finden, im Nachhinein drüber zu sprechen, was beim Sex passiert ist. Also, wenn wir nicht im Bett sind. Und zu versuchen, Möglichkeiten zu finden, dass die andere Person nicht ausflippt, wenn ich zugebe, vorzutäuschen oder einen Flashback◀ zu haben oder irgendwas einfach nicht machen zu wollen. Es ist wichtig für mich, dass ich später drüber sprechen kann, denn meist kann ich in dem Moment selbst nicht drüber reden – aber das führt meist dazu, dass die Leute sich dann scheiße und schuldig fühlen und jede ihrer Bewegungen hinterfragen und sich fühlen, als könnten sie nichts richtig machen. Und dann muss ich die ganze Initiative übernehmen und ihnen echt viel Bestätigung geben, und das nimmt mir immer die Lust auf Sex, und das ist auch scheiße.
Eine Sache, die oft passiert, ist, dass ich am Anfang von Beziehungen sehr sexuell bin, aber wenn sie ernster werden oder eine Weile lang gehen, dann beginnen andere Dinge hochzukommen.
Mein letzter Partner hat sich etwas ausgedacht. Ich muss sagen, es hat mir wirklich geholfen, dass er die Idee hatte und dass es nicht wieder an mir lag!
Seine Idee war ein Zahlensystem, mit dem er mich nach 1-6 fragte.
Wir haben gemeinsam ausgearbeitet, wofür die Zahlen stehen:
1. Ich möchte umarmt werden. Kein Sex. Nichts. Nichtmal sexuelle Energie.
2. Ich hab Lust auf Küssen aber auf nichts weitergehendes. Nähere dich mir nicht auf eine sexuelle Art und Weise.
3. Ich hab Lust auf Küssen und wäre vielleicht auch anderen Sachen gegenüber offen.
4. Ich hab Lust auf Sachen, aber frag viel nach, während wir weitergehen.
5. Ich hab Lust auf Sachen, und möchte auch nicht viel gefragt werden. Aber frag nach bei allem, was mit Genitalien zu tun hat und frag auch, wenn du das Gefühl hast, dass ich mich seltsam fühle.
6. Lass es uns tun!
Irgendetwas an diesem Zahlensystem hat für mich die Schwere aus den Dingen genommen. Es hat es leichter gemacht und auch ein bisschen lustig. Es war mir möglich, “2” zu sagen, während ich nie hätte sagen können: “Ich hab grad Lust auf Küssen aber auf nichts weiter”. Sowas zu sagen hätte dazu geführt, dass ich mich schuldig fühle, während “2” zu sagen sich einfach wie ein Fakt anfühlte.
Es hat nicht immer perfekt geklappt, aber es hat für uns beide die Dinge wesentlich leichter gemacht.